Es war ein wahrer Interviewmarathon, den OSP-Athletin Andrea Eskau nach ihrem Silber-Lauf im Langlauf-Rennen über zwölf Kilometer zu absolvieren hatte. Der Satz, der dabei am meisten fiel, war „Ich bin sehr glücklich“. Dabei war es eigentlich gar nicht nötig, das so stark zu betonen. Das Gesicht der 46-jährigen Sitzski-Athletin aus dem rheinischen Elsdorf sprach Bände. Das Strahlen darin wollte gar nicht mehr bröckeln.
Nach einem missglückten Auftakt in die Paralympischen Spiele 2018 beim Biathlon-Sprint am Samstag hatten die Ausnahmeathletin Zweifel gepackt. War ihr sechster Platz wie viele vermuteten auf eine nicht optimale Materialwahl zurückzuführen oder womöglich doch auf mangelnde Form. „Eigentlich habe ich mich ja gut gefühlt“, sagte sie. Am Sonntagmittag (Ortszeit) waren alle Zweifel an ihrer Fitness beseitigt. Eskau, Spitzname „Tiger“, biss sich bei unverändert sulzigen Bedingungen durch.
Nach der ersten Zwischenzeit führte die Deutsche das Klassement an – zunächst vor ihrer vermeintlich schärfsten Konkurrentin Oksana Masters aus den USA, die aber bald von ihrer Teamkollegin Kendall Gretsch überholt wurde. Und je länger das Rennen dauerte, desto stärker kristallisierte sich heraus, dass nicht Masters, sondern Gretsch die Frau sein würde, die es zu schlagen galt. Die 26-Jährige, im Weltcup bisher kaum in Erscheinung getreten, hatte schon tags zuvor mit Biathlon-Gold für Furore gesorgt und nahm ihren Verfolgerinnen immer mehr Zeit ab. Am Ende holte sie in 38:15.9 Minuten ihren zweiten Titel.
Andrea Eskau aber hielt ihr Laufniveau und landete in 38:48.3 Minuten auf Rang zwei, 14,5 Sekunden vor Masters. „Ich wusste, dass ich heute All-in gehen muss, wenn ich eine Medaille will. Oksana geschlagen zu haben, gibt mir ein gutes Gefühl“, sagte sie und gratulierte der Siegerin zu ihrer herausragenden Leistung. „Kendall war heute nicht zu schlagen.“
Für die Fahnenträgerin der deutschen Mannschaft war es die insgesamt zehnte Medaille bei Paralympics und die fünfte im Biathlon oder Langlauf (2x Gold, 2x Silber, 1x Bronze). Die nächsten Rennen in PyeongChang kann sie nun lockerer angehen. „Ich habe geschafft, was ich mir vorgenommen habe.“ Ob sie am Dienstag im Biathlon-Rennen über zehn Kilometer an den Start gehen wird, entscheidet sich am Montag. Eskau hat mit leichten Schmerzen im Arm zu kämpfen, was sie beim Schießen einschränken könnte.
Ein expliziter Dank der Silbermedaillengewinnerin ging an ihre Techniker, die ihr gute Ski geliefert hätten. Das sah auch der Bundestrainer Ralf Rombach so. „Das ganze Team hat heute perfekt funktioniert“, sagte er und attestierte seiner erfahrensten Athletin eine „Topleistung“. Für Rombach gab es m Sonntag abgesehen von der ersten Medaille seiner Sportler bei den Paralympics 2018 noch einen zweiten Grund zum Feiern: seinen 50. Geburtstag. Andrea Eskau hat ihm ein schönes Geschenk bereitet.
Quelle: Deutscher Behindertensportverband, Bilder: © Ralf Kuckuck / DBS