Für unser OSP-Musketier Richard Hübers, Säbelfechter vom TSV Bayer Dormagen, ging im Oktober mit dem Gewinn der Goldmedaille bei den Militärweltspielen im zentralchinesischen Wuhan eine lange Leidenszeit zu Ende. Mit dem sympathischen Solinger freute sich auch ganz besonders das Netzwerk „Gesundheits-Management“ am Olympiastützpunkt NRW/Rheinland, das den OSP-Athleten intensiv auf seinem Weg zum Comeback begleitete.
OSP-Leiter Daniel Müller: „Wir freuen uns sehr, dass die gute Arbeit unseres Gesundheits-Netzwerks aus profilierten und im Leistungssport erfahrenen Ärzten, Medizinern und Physiotherapeuten sowie den OSP-Mitarbeitern zum erfolgreichen Comeback unseres Olympia-Kandidaten beitragen konnte. Als wichtiger Erfolgsfaktor erwies sich wieder einmal die enge Abstimmung zwischen den Bereichen Medizin, Physiotherapie, Reha- und Athletiktraining sowie dem Athleten und dessen verantwortlichem Trainer. Mein Dank gilt daher allen Beteiligten, die hoffentlich mit Richies Olympia-Teilnahme für ihre gute Arbeit belohnt werden.“
Für uns Anlass genug, Richies steinigen, aber erfolgreichen Weg zurück auf die Planche einmal intensiver zu beleuchten.
Im Frühjahr zwickt auf einmal das Knie
Im Februar verspürte Richie im Trainingslager im Nationalen Sport-Institut INSEP in Paris auf einmal starke Schmerzen im Knie. Zu diesem Zeitpunkt wusste der Stabsunteroffizier der Bundeswehr in Köln-Longerich noch nicht, dass er dadurch sowohl die Heim-EM in Düsseldorf mit Mannschafts-Gold für Deutschland als auch die Weltmeisterschaften in Budapest verpassen würde.
Kurze Wege, schnelle Hilfe durch OSP-Medizinpartner
Direkt nach der Rückkehr aus Paris untersuchte zunächst Peter Braun, Verbandsarzt des Deutschen Fechter-Bundes und Orthopäde beim OSP-Kooperationspartner Beta Klinik Bonn, das verletzte Knie. Ein MRT bestätigte den Verdacht: Einriss des Innen-Meniskus! Um sich eine Zweitmeinung in Bezug auf die von Peter Braun empfohlene OP einzuholen, kontaktierte der Säbelspezialist anschließend OSP-Mitarbeiter Dr. Argiris Vassiliadis, zentraler OSP-Ansprechpartner im Gesundheits-Management. Dr. Vassiliadis vermittelte ihn umgehend an Knie-Spezialist Prof. Dr. Sven Shafizadeh im Sana Dreifaltigkeits-Krankenhaus Köln, das seit 2018 als Offizielles Medizinzentrum des OSP fungiert und unseren OSP-Athleten/innen eine besondere Betreuung zukommen lässt.
Prof. Shafizadeh bestätigte Peter Brauns Diagnose und tauschte sich mit ihm intensiv über die möglichen Behandlungs-Optionen aus: „Das Verletzungsbild war so gravierend, dass eine Rückkehr auf die Planche zur Heim-EM im Juni unrealistisch war. Wir mussten dann gemeinsam mit Richie abwägen, ob wir eine Meniskusrefixation durchführen, um den vollständigen Funktionserhalt des Meniskusgewebes zu ermöglichen oder ob Richie das Risiko eingeht, die Verletzung konservativ zu behandeln. Dann hätte er eine Chance, zumindest die WM zu fechten, aber auch das Risiko, bei einer erneuten Verletzung des geschädigten Meniskus nicht nur die WM zu verpassen, sondern auch seine mögliche Olympia-Teilnahme in Tokio auf das Spiel zu setzen.“
Schlussendlich kamen alle involvierten Seiten zur Überzeugung, dass eine OP mittels Meniskusnaht die beste Lösung darstellt, um eine vollständige Belastungsfähigkeit und Funktionalität des verletzten Knies wiederherstellen zu können. Prof. Shafizadeh führte die Operation Ende Februar im Sana Dreifaltigkeits-Krankenhaus Köln durch.
Erste Schritte: Physiotherapie & Rehabilitationstraining
In enger Abstimmung des Mediziners mit OSP-Reha-Trainerin Anja Löhr und Klaus Seifner vom langjährigen OSP-Premium-Partner PhysioSport Köln begann Richie unmittelbar nach der OP mit seiner Rehabilitation. Bei PhysioSport-Mitarbeiter Kevin Ackermann standen in den ersten Nach-OP-Tagen, in denen die OP-Fäden noch nicht gezogen waren, vor allem abschwellende Maßnahmen wie Lymphdrainage, Ausstreichen und Lymph-Tapes im Fokus.
Parallel arbeitete Richie mit Anja Löhr bereits an der Stärkung der nicht von der Verletzung tangierten Muskulatur vor allem im Rumpfbereich.
Sowohl der ausgelagerte Behandlungsraum von PhysioSport als auch der OSP-Servicebereich Prävention/Rehabilitation befinden sich im Gebäude des Sportinternates Köln. Dies erleichterte einen kontinuierlichen Austausch zwischen Kevin Ackermann und Anja Löhr, die in ihrer Rolle als Koordinatorin des OSP-Gesundheitsmanagements auch immer mit Operateur Prof. Shafizadeh in Kontakt stand.
Anja Löhr: „Die Tatsache, dass der gerissene Meniskus genäht bzw. refixiert wurde, ließ in den ersten sechs Wochen nach OP keine Belastung des Kniegelenks zu, um die frische Meniskusnaht zu schützen und unbeschadet ausheilen zu lassen.“
Zum Schutz des Gelenkes wurde in den ersten Wochen auch eine Knieorthese eingesetzt, die keine volle Bewegung im Kniegelenk zulässt. Im Übrigen erhalten unsere OSP-Athleten/innen im Bedarfsfall eine kostenlose Versorgung mit Medizinprodukten durch unseren langjährigen Partner Bauerfeind und werden dabei von Kooperations-Sanitätshäuser im Betreuungsgebiet unterstützt.
Trainingsaufbau mit OSP-Leistungsdiagnostiker Dr. Oliver Bloch
Ab der 7. Woche nach der Knie-OP begann der Trainingsaufbau, in den dann auch OSP-Leistungsdiagnostiker Dr. Oliver Bloch integriert wurde. Der Biomechaniker betreut u.a. die Säbelfechter im Athletiktraining und kümmerte sich in einer 1:1-Betreuung um seinen verletzten Athleten: „Mit unserer ISOMED 2000 steht uns ein isokinetisches Mess- und Trainingssystem am OSP zur Verfügung, mit dem wir nach der ersten Reha-Phase die Kraftwerte der Beinmuskulatur ermitteln und hierauf aufbauend weitgehend isolierte Trainingssequenzen für die geschwächte Muskulatur durchführen können. Trainingspläne wurden dann gemeinsam mit Anja Löhr entwickelt und durchgeführt. Nach einigen Wochen wurden diese durch koordinative und schließlich konditionelle Elemente erweitert.“
Return to Sports: vom Individual- zurück ins Team-Training
Als alle ermittelten Werte eine deutliche Stabilität des verletzten Knies zeigten und dies auch von Richie subjektiv so empfunden wurde, kehrte dieser in das Mannschafts-Athletiktraining der Teamkollegen zurück, wo er allerdings zunächst auch viele individuelle Inhalte absolvieren musste.
In Abstimmung mit Bundestrainer Vilmos Szabo wurden dann auch das fechtspezifische Training bzw. fechtspezifische Übungsformen wieder aufgenommen. Dabei lag der Fokus zunächst auf einer ausgeglichenen Balance der Belastung zwischen Athletik- und Fechttraining mit Schwerpunkt Athletiktraining.
Auch wenn sich Richie im Juli bereits wieder in guter körperlicher Verfassung präsentierte und auf einen Einsatz bei der WM in Budapest brannte, machte ihm schlussendlich sein Trainingsrückstand im fechtspezifischen Bereich einen Strich durch die Rechnung. Bundestrainer Vilmos Szabo entschied sich bei der Nominierung des WM-Kaders für Björn Hübner-Fehrer, der mit Richies Dormagener Teamkollegen im Team-Wettbewerb mit Platz 4 eine Medaille denkbar knapp verpasste, mit diesem Top-Ergebnis aber einen großen Schritt Richtung Olympia-Qualifikation machte.
Return to Play: Erfolgreiches Comeback auf der Planche
In der Sieben-Millionen-Metropole Wuhan gab Richie Hübers dann nach acht Monaten sein Comeback auf großer Bühne. Bei der Militär-WM kämpfte er sich souverän ins Achtelfinale, in dem er dem Weißrussen Siarhei Kisel mit 15:8 Treffern keine Chance ließ. Ebenso klar besiegte er im Viertelfinale den Italiener Giovanni Repetti (15:6). Im Halbfinale verzweifelte anschließend Repettis Landsmann Dario Cavaliere an dem Deutschen, der mit 15:12 die Oberhand behielt. Im Finale wartete dann mit Konstantin Lokhanov ein Mitglied der russischen Nationalmannschaft. Mit einer starken Leistung und einem 15:13-Erfolg krönte sich unser OSP-Musketier zum Militär-Weltmeister.
Richies Fazit des vor-olympischen Jahres: „Dieses Jahr war geprägt von einer emotionalen Achterbahnfahrt. Meine Verletzung fühlte sich eigentlich nicht so gravierend an, die Diagnose war dann aber wirklich niederschmetternd. Mit der Goldmedaille bei der Militär-WM und dem guten Einzel-Ergebnis (Rang 14) beim letzten Weltcup des Jahres in Kairo habe ich diese schwierige Phase endgültig hinter mir gelassen und blicke nun optimistisch und mit viel Vorfreude auf das Olympiajahr. Für die optimale Unterstützung auf dem langen Weg zu meinem Comeback bin ich dem OSP NRW/Rheinland sehr dankbar. Das intensive Kümmern der OSP-Mitarbeiter Anja, Oli und Argiris und die optimale Einbindung des exzellenten Partnernetzwerkes – in meinem Fall mit Peter Braun von der Beta-Klinik und Sven Shafizadeh Sana Dreifaltigkeits-Krankenhaus sowie Kevin von PhysioSport – zeigte mir noch einmal deutlich, mit welchem Engagement das gesamte OSP-Team uns Athleten dabei unterstützt, dass unser Olympia-Traum in Erfüllung geht. Schnell, unbürokratisch und vor allem auch menschlich. Eure Wertschätzung tut wirklich gut!“
Quelle: OSP NRW/Rheinland, Bilder: picture alliance und Peter Eilers